Mit Stichtag 20. Januar 2027 tritt sie vollständig in Kraft – die neue EU-Maschinenverordnung. Die in 2006 beschlossene und seit 31.12.2009 geltende Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) gehört dann der Vergangenheit an – und zumindest zeitweilig auch der bislang bequeme Weg der Konformitätsvermutung. Dirk Heeren, Certified Functional Safety Application Expert – SGS TÜV Saar & Safety Competence Specialist bei der SICK Vertriebs-GmbH in Düsseldorf erklärt, wie sich Wirtschaftsbeteiligte schon heute proaktiv und rechtssicher verhalten können.
EU-Maschinenverordnung: noch weit weg – und doch vor der Tür
Kollaborative Robotik, Künstliche Intelligenz, Digitalisierung, Cybersecurity – die EU-Maschinenverordnung (MVO) liefert Vorgaben und Anforderungen auf die Herausforderungen, die neue Technologien an die Maschinensicherheit stellen. „Von ihr betroffen sind zudem nicht mehr nur die ‚klassischen‘ Unternehmen und Wirtschaftakteure, die in der MVO genannten Maschinen im EU-Markt herstellen, bereitstellen, in Verkehr bringen sowie in Betrieb nehmen, sondern jetzt auch als ‚Safety-Neulinge‘ Händler, Online-Händler, Importeure von außerhalb der EU und Bevollmächtigte“, umreißt Dirk Heeren die Zielgruppe der neuen europäischen Verordnung (EU) 2023/1230 über Maschinen.
Konformitätserklärung zur MVO schon jetzt möglich: Faktenlage entlarvt Falschinformation
Schon heute sollten sich Betroffene mit der neuen EU-Maschinenverordnung und ihren wesentlichen inhaltlichen Änderungen beschäftigen: „Zum einen kommt der Stichtag schneller näher als man denkt, zum anderen sind schon heute Konformitätserklärungen entsprechend der neuen EU-Maschinenverordnung möglich.“ Letzteres ist eine auf den ersten Blick überraschende Aussage des SICK Safety-Experten – denn bislang hält sich hartnäckig die Falschinformation, dass genau dies nicht möglich sei. „Das stimmt so nicht“, sagt Dirk Heeren und beschreibt die Faktenlage: „Die MVO ist eine Erklärung des Wirtschaftsakteurs gegenüber den EU-Mitgliedsstaaten. Sie darf vor dem Stichtag nicht gegenüber den im Gesetz genannten, betroffenen Wirtschaftsbeteiligten gefordert oder durchgesetzt werden. Gleichwohl ist diesen nicht verboten, ihre Produkte und Maschinen – parallel zur noch gültigen Maschinenrichtlinie – von jetzt an bis zum Stichtag freiwillig entsprechend der MVO auszulegen und dies auch per Konformitätserklärung zu kommunizieren. Änderungen, die sich bis zum Stichtag der MVO produktseitig ergeben, sind dabei beispielsweise im Lebenszyklus einer Maschine zu berücksichtigen und zu aktualisieren.“
Konformitätsvermutung möglich – trotz Engpass bei der Harmonisierung von Normen
Ebenso zur aktuellen Faktenlage gehört jedoch, dass Konformitätsvermutungen wie bei der bisherigen Maschinenrichtlinie mit der neuen MVO bis zum Stichtag in der bekannten Form wohl nicht möglich sein werden. „Das liegt daran, dass die mit der MVO zusammenhängende Harmonisierung von etwa 780 A-, B- und C-Normen in dieser Zeit voraussichtlich nicht zu schaffen ist“, so Dirk Heeren. Zugegebenermaßen ein Engpass, der Konformitätserklärungen nach der MVO vorläufig zwar erschwert, aber nicht unmöglich macht. Die EU-Kommission ist gemäß der MVO ermächtigt, über sogenannte delegierte Rechtsakte technische Spezifikationen zu erlassen, die von betroffenen Wirtschaftsbeteiligten anstelle einer harmonisierten Norm zur Konformitätsvermutung herangezogen werden können. Hier stellt sich jedoch die berechtigte Frage, wer diese verfassen und freigeben soll. „Die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen aus Anhang 3 der Maschinenverordnung ist verpflichtend und auch ohne harmonisierte Normen möglich.“, erläutert Dirk Heeren. „Alles was benötigt wird ist erstens ein Verständnis des Ziels und der Anforderungen der MVO, zweitens einen gesunden Menschenverstand, kombiniert mit Fachkunde und drittens eine vollständige technische Dokumentation als Nachweis der konformen Konstruktion.“
Keine Rose ohne Dornen
Die Einhaltung der MVO ist also auch auf diese Weise möglich – allerdings ist dies eine „Rose nicht ohne Dornen“, so Dirk Heeren. „Denn bei einem Schadensfall trägt der Wirtschaftsbeteiligte dann vor Gericht die Beweislast.“ Er muss dann nachweisen, dass er die Maschine entsprechend den Forderungen des Anhang 3 der MVO zum derzeit aktuellen Stand der Technik in Verkehr gebracht hat. „Die Inanspruchnahme von Unternehmen, die wie SICK über entsprechendes Know-how verfügen, ist hierfür eine wertvolle Hilfe.“
„Pain Point“ EU-Maschinenverordnung: SICK Experten helfen
Gerade für die Startphase der MVO, in der es viele Fragen zu beantworten gilt und harmonisierte Normen noch nicht wie von der Maschinenrichtlinie gewohnt als „Sicherheitsfallschirm“ zur Verfügung stehen, kann SICK interessierten Unternehmen vom Start-up über KMUs bis zu Konzernen Unterstützung für eine rechtssichere Anwendung beider Regelwerke bieten.
Weiterführende Informationen zum Thema MVO erhalten Interessenten hier.
Weitere Beiträge
Ich möchte am Laufenden bleiben und regelmäßig über neue Stories informiert werden!