Der norwegische Zementhersteller Norcem, Teil der internationalen HeidelbergCement-Gruppe, will mehr für die Umwelt tun und noch weniger Schadstoffe an die Umwelt abgeben. Damit alles nach gesetzlichen Vorgaben für niedrige Grenzwerte erfolgt, übernehmen innovative Staubmessgeräte von SICK nach dem Gaswäscher eine entscheidende Messaufgabe. Erst wenn auch der Anlagenbetreiber Norcem Kjøpsvik zufrieden ist, sind die hohen Anforderungen erfüllt.
Norcem Zementwerk: Staubmessen at its best
Wassertröpfchen oder Staubkörnchen – nur exzellente Sehkraft kann das auseinanderhalten. Menschenunmöglich? Deshalb gibt es Messgeräte, die darauf spezialisiert sind, Staubkonzentrationen im nassen Gas zu messen. Allerdings kontrollieren nicht alle Staubmessgeräte zuverlässig um sicherzustellen, dass die Emissionsgrenzwerte eingehalten werden können. Das Abgas nach Wäscheranlagen ist meist stark abgekühlt und mit Wasser gesättigt. Das fordert die Messtechnologie heraus.
Im Polarkreis wird Großartiges geleistet. Mitten in der rauen norwegischen Abgeschiedenheit übernimmt das nördlichste Zementwerk der Welt – und das einzige im Umkreis von 1.000 km – eine beachtliche Aufgabe. Norcem Kjøpsvik produziert Zement für den heimischen Markt. Das ist oft nicht einfach. Die Wege in Richtung 68 Grad Nord sind umständlich und zeitraubend. Allein schon wegen der Entfernung müssen Prozessketten und Anlagen einwandfrei funktionieren. Zudem machte in der Vergangenheit der schwefelhaltige Kalkstein Probleme. Der Schwefelgehalt war zu hoch und die Anlage überschritt immer häufiger die erlaubten Emissionsgrenzwerte. Der für die Zementproduktion benötigte Kalk wurde im anliegenden Kalkwerk abgebaut, denn kurze Wege sind wirtschaftlich durchaus sinnvoll. Zunächst änderte Norcem seinen Bergbauplan und förderte schwefelarmen Kalk aus anderen Gebieten, jedoch mit deutlich längeren Transportwegen. Auf lange Sicht war das hinsichtlich der Nachhaltigkeit keine Verbesserung und somit nur eine Übergangslösung. Die missliche Lage änderte sich jedoch schlagartig, als Norcem mit Unterstützung des staatlichen Umweltfonds Miljøfondet in eine Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) auf Basis eines Meerwasserwäschers investieren konnte. Mit dieser Technologie wurde das Rauchgas von SO2 mit einer hohen Abscheiderate befreit. Das machte den Kalkabbau im angrenzenden Kalkwerk wieder möglich. Die eingesetzte Staubsensorik von SICK misst seitdem konzentriert im nassen Gas und bestätigt die Emissionsgrenzwerte von Norcem Kjøpsvik, die sich von da an im grünen Bereich bewegen.
Emissions-Reporting
Sauberes Abgas und eingehaltene Emissionswerte sind die Eckpfeiler des Erfolgs. In nur kurzer Zeit war die Gasreinigungsanlage einsatzbereit. Der Vertrag mit dem Anlagenbauer wurde im Herbst 2017 unterzeichnet, die Montagearbeiten begannen im Sommer 2018 und im Mai 2019 erfolgte die Heiß-Inbetriebnahme. Inzwischen werden mehr als 95 % des Schwefeldioxids aus dem Abgas herausgewaschen. Die maximale SO2-Konzentration am Kaminaustritt ist auf < 50 mg/m³ begrenzt, was ein hervorragender Wert ist. Die Anlage nutzt statt chemischer Absorptionsmittel ausschließlich Seewasser. In Küstennähe ist das eine kostengünstige Technologie. Doch dies stellt eine Herausforderung für die kontinuierliche Staubkonzentrationsmessung dar. Was ist ein Wassertröpfchen? Was ein Staubkörnchen? Im nassen Gaskanal ist das für Standardgeräte nicht zu unterscheiden. Dementsprechend inakzeptabel sind die ungenauen Messwerte solcher Geräte auch für das Emissions-Reporting. Die Messleistung des Staubmessgeräts von SICK ist dem Standard dagegen um Lichtjahre voraus, denn das FWE200DH ist gerade für schwierige Messbedingungen wie diese konzipiert.
Staubmessen „at its best“
Nach dem optischen Prinzip bestimmt die Streulichtintensität die Staubkonzentration. Vor der Messung sind störende Wassertröpfchen zu entfernen. Das Streulicht-Staubmessgerät FWE200DH entnimmt Messgas aus dem Abgasstrom. Im Bypasssystem verdampfen die Wassertröpfchen, sodass sie die exakte Messung nicht mehr behindern. Das Abgas strömt nach der Messung zurück in den Gaskanal. Das FWE200DH misst weltweit in vielen Anwendungen und Branchen, doch waren die besonderen Installationsbedingungen bei Norcem Kjøpsvik eine neue Herausforderung für das Partikelanalysatorenteam von SICK. Die engen geometrischen Platzverhältnisse im Montageflansch machten den Einsatz einer gebräuchlichen Messgassonde zur Abgasabsaugung unmöglich. Denn für eine korrekte Funktion muss die Messgassonde nach unten gerichtet montiert sein, was mit einer Standardausführung der Sonde nicht realisierbar gewesen wäre. Diese Hürde war nur mit einer von SICK bereitgestellten kundenspezifischen Sondengeometrie zu überwinden. Bei der Inbetriebnahme zeigte sich, dass sich die Messgassonde problemlos montieren ließ. Damit war es möglich, die Anforderungen der Funktion mit den realen Einbauverhältnissen in Einklang zu bringen. Die Anlage läuft bis heute einwandfrei und zuverlässig.
Manche Staubjäger mögen es nass... oder auch trocken
Neben den hohen schwefelflüchtigen Stoffen aus dem Rohmaterial verursacht auch der hohe Chloreintrag aus alternativen Brennstoffen Probleme bei der Zementherstellung.
Nicht nur schwefelflüchtige Gase sind klimarelevant. Im Roh- und Brennmaterial sind viele Schadstoffe enthalten, die der Pyroprozess freisetzt. Neben dem hohen Anteil schwefelflüchtiger Stoffe aus dem Rohmaterial verursacht auch der hohe Chloreintrag aus alternativen Brennstoffen Probleme bei der Zementherstellung. Die Umstellung auf alternative Brennstoffe mit Biomasse senkt zwar den Ausstoß von Kohlendioxid, erhöht im Gegenzug jedoch meist den Chloreintrag und das Risiko für Blockagen in den Zyklonen. Damit der Wärmetauscher uneingeschränkt funktioniert, entnimmt ein Bypass-System bis zu 60 % des Ofengases. Dadurch werden Gaskomponenten, die den Prozess stören, aus dem Vorwärmer entfernt. Dieser Gasanteil wird später bei der Rohmehlzufuhr dem Prozess wieder zugeführt. Im Normalbetrieb betreibt Norcem den Bypass mit weniger als 10 % der Abgasmenge.
Gewebefilter sind eine besonders effiziente und häufig verwendete Filtertechnologie. Das staubbeladene Rauchgas strömt in die Filterkammer und durchläuft mehrere Filterschläuche. Die groben Partikel fallen durch die Schwerkraft in den Trichter. Die feinen Partikel sammeln sich an der Oberfläche des durchlässigen Filtermediums und bilden eine Staubschicht, die für gewöhnlich als Filterkuchen bezeichnet wird. Dieser Filterkuchen wird regelmäßig mit Druckluft entfernt. Mit der Zeit können dabei kleine Löcher im Filtergewebe entstehen. Folglich kann das Gas wieder ungefiltert in die Abluft gelangen und verschlechtert damit die Emissionswerte.
Staubmessen ‒ komfortabel und leichtgemacht
Damit das erst gar nicht passiert, misst der DUSTHUNTER SB30 nach dem Filtersystem des Bypasses. Das Staubmessgerät meldet in Echtzeit, sobald Filter brüchig sind. Das Streulicht-Staubmessgerät – in diesem Fall mit Rückwärtsstreuung – arbeitet konstant und lässt sich weder von der Strömungsgeschwindigkeit noch von der Staubpartikelladung beirren. Dies ist ein wichtiger Vorteil gegenüber anderen Messmethoden wie z. B. dem triboelektrischen Prinzip. Besonders anwenderfreundlich ist die Selbstüberwachungsfunktion. Automatische Prüfzyklen verringern den Wartungsaufwand und sorgen für gleichmäßig laufende Prozesse. Auch die Installation und Inbetriebnahme verliefen bei Norcem Kjøpsvik mühelos. Nach wenigen Stunden konnte der DUSTHUNTER seine Arbeit aufnehmen. Das Staubmessgerät ist am Abgaskanal nur an einer Seite montiert. Der Mehraufwand für spezielle Ausrichtungen, wie er bei den Cross-Kanal-Transmissions-Staubanalysatoren erforderlich ist, entfiel gänzlich. Da diese Gerätevariante keine Messsonde hat, ist zudem eine lange Gerätelebenszeit garantiert. Denn aggressive Gase würden eine solche Sonde angreifen; Korrosion und Abrasion wären die Folge.
Die wesentlich höhere Detektionsempfindlichkeit des DUSTHUNTER SB30 kombiniert mit der kostengünstigen Montage und Wartung ist ein Erfolgsrezept auf der ganzen Linie: Leistungssteigerung bei reduzierten Gesamtkosten über den gesamten Lebenszyklus des Staubmessgeräts.
Die Wirtschaftlichkeit der Anlage in Kjøpsvik hat sich signifikant erhöht – nicht nur am Wärmetauscher, sondern in der ganzen Abgasreinigung. Schon Jahre zuvor lieferte SICK Gasanalysatoren für den Drehrohrofen von Norcem Kjøpsvik. Aus Überzeugung hat sich Norcem daher nun auch für die Staubmesstechnik von SICK entschieden. Erik Nilsen, Maintenance Manager NORCEM AS: "Regarding the dust analyzers, there is not much to say. We oversee the equipment every fourth week and we haven't had a single problem since we installed them."
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